Workshop mit Sacha Leyendecker

Wer meine Website kennt, der hat vielleicht schon entdeckt, dass ich immer wieder auf Workshops gehe, um neue Perspektiven, neue Sichtweisen und neue Techniken rund um das Fotografieren erlernen möchte.

Läuft alles nach Plan, dann besuche ich zwei Workshops pro Jahr. Einen im Frühjahr, einen im Herbst. Zwischendurch nutze ich die Möglichkeit, mich über Webinare weiterzubilden bzw. über lokale Treffen von Fotografen und das Besuchen von Ausstellungen neue Ideen für spannende Fotos zu entwickeln.

Tonhalle Düsseldorf by night.
Tonhalle Düsseldorf by night.

Ein Fotograf stand schon lange auf meiner „Wish list“: Sacha Leyendecker. Sacha war mir über mindestens zwei Jahre immer wieder „ins Auge gestoßen“. Mit seinem Faible für leicht- oder unbekleidete Damen, die er stets in ästhetischer Form on location präsentiert, zeigt er Fotografien, die sich einbrennen ins Hirn. Sacha gelingt es immer wieder mit dem natürlichen Licht zu spielen, investiert viel Zeit in die Suche einer geeigneten Location und hat sich –unter anderem durch die Qualität seiner Bilder- ein Netzwerk aus Models aufgebaut, die meilenweit reisen, um von ihm fotografiert zu werden.

Sacha’s Workshops finden zumeist in der Region um seinen Heimatort Düren statt. Für mich als geborener Rheinländer ein „Heimspiel“, betrachtet man aber meinen aktuellen Wohnsitz (Burgthann, Landkreis Nürnberger Land), so ist es schon eine gewisse Reise. Anyway: Viele Versuche, einen Workshop von Sacha mit einem anderen Grund ins Rheinland zu fahren, einfach zu kombinieren, sind gescheitert. Dieses Mal sollte es klappen.

Workshop ausgesucht, Sacha angemailt, Teilnahmegebühr überwiesen, Bestätigung erhalten. Einfach und unkompliziert. Ein sehr netter Kontakt, auch wenn ich Sacha zuvor noch nie live gesehen habe.

Gehry Bauten am Düsseldorfer Zollhof
Gehry Bauten am Düsseldorfer Zollhof

Zusammen mit der Adresse machte ich mich am 11. April auf den Weg nach Düsseldorf. Nicht weit von Foto Koch und Foto Leistenschneider entfernt, ein wenig in Richtung Düsseldorfer Flughafen, landete ich in einer kleinen Straße –einer Sackgasse-, die durchaus auch in einer viel kleineren Stadt hätte zu finden sein können. Vor dem unscheinbaren Haus angekommen, winkte mir Sacha bereits aus dem 1. Stock zu, als wolle er durch das Fenster rufen: „Hey Thomas, gib Gas, du bist der Letzte“.

Sacha führte mich hinaus in den gefühlt 5. Stock und nun stand ich drin: Mitten in einem total schicken Loft. Mit Raffinesse und Detailverliebtheit hat der Inhaber einen ehemaligen Dachstuhl zu einem lichtdurchfluteten Designerstück umgebaut, dass man eigentlich nur neidisch werden kann. Alte Fensterläden sind als Türen für in die Wand eingelassene Schränke genutzt worden und stauben stilecht vor sich hin. Daneben ein halbes Dach aus Glas und eine Küche, die von dicken Holzbalken umzäunt wird, die aus einem alten Fachwerk stammen könnten. Die Mischung aus alten Dielenböden, englischer Ledercouch und moderner IT-Ausstattung runden das Ensemble ab.

Rheinuferpromenade, Street Photography
Rheinuferpromenade, Street Photography

Doch nun zum Workshop. Sacha reist –wie üblich bei seinen Workshops- mit seiner lieben Frau Monika an. Monika ist Make up Artist und Stylistin und hatte gefühlt mehr Equipment mitgebracht, als Sacha selbst.

Das klingt erstmal verwunderlich. Ist es auch. Wie bereits zuvor erwähnt, besuche ich immer wieder Workshops. Zumeist stellen die Dozenten ihr eigenes Equipment recht deutlich zur Show. Anders bei Sacha. Als der Workshop beginnt hat er keine Kamera in der Hand, kein Handy neben sich, keinen Laptop, kein Manuskript oder sonst was um sich herum. Sacha steht vor uns, begrüßt uns herzlich und erklärt in knappen Worten, wie der Workshop ablaufen wird. Kurz darauf beginnt eine kleine Vorstellungsrunde. Die fünf Teilnehmer berichten kurz, was sie fotografisch antreibt und Sacha will wissen, mit welchem Equipment sie heute vor Ort sind. Er fragt die fotografischen Schwerpunkte der Teilnehmer ab und fragt neugierig, welche Erfahrungen die Teilnehmer in ihrem jeweiligen Genre bisher gemacht haben. So weiß ich am Ende der Vorstellungsrunde von Sacha nur, dass er mit Nikon fotografiert und als kleine Reisekamera eine Fuji X-E2 besitzt (in anderen Workshops hatte ich zu dem Zeitpunkt bereits eine Batterie an Linsen und Bodies gesehen, der Auslöser war bereits x-fach gedrückt worden). Wichtig ist Sacha noch die Motivation und die Erwartung der Teilnehmer.

In der Zwischenzeit ist Monika im Foyer des Lofts fleißig und kümmert sich um Linnéa. Linnéa ist heute unser Model. Kaum ist die Vorstellungsrunde fertig, kommen Monika und Linnéa zu uns. Auch sie bekommen die Möglichkeit sich vorzustellen.

Nach der Vorstellungsrunde geht Sacha detailliert auf die Lichtsituationen vor Ort ein. Er erläutert die vier Grundformen des Lichtes und integriert die Workshopteilnehmer dabei in seine Ausführungen: Immer wieder nimmt er einen Teilnehmer in die Mitte und bittet die anderen um Beschreibung der speziellen Lichtsituation. Das ist besonders in diesem hellen Loft, wo Licht von zwei Seiten kommt (Zangenlicht) und dazu zahlreiche Wände (aber auch die Decke) das Licht reflektieren, etwas Besonderes. Mit Hilfe eines Reflektors zeigt Sacha, wie man Licht lenken und abschatten kann und leitet so über in Tipps zur Bildgestaltung. Sacha liebt das Spiel mit der Unschärfe, legt aber Wert darauf, dies nicht zu übertreiben. Besonders Schnitte, die den Betrachter des Fotos neugierig machen und seinen Blick lenken, begeistern Sacha – und das gibt er auch an seine Workshopteilnehmer weiter.

Da auch dieses Mal unter den fünf Teilnehmern einer dabei ist, der bereits auf anderen Workshops von Sacha war, bittet Sacha darum, dass erst ein anderer Workshopteilnehmer mit dem Shooting beginnt. Ja, richtig gehört: Nach der Vorstellungsrunde und dem Coaching zum Licht, der Bildgestaltung und der Schnitte begann direkt das Shooting. Das macht Sacha ganz konsequent: Jeder Teilnehmer hat 10 Minuten mit dem Model, ein anderer Workshopteilnehmer ist Assistent und er selbst bespricht derweil die Shootingergebnisse des vorangegangenen Fotografen mit selbigem am Display der Kamera.

Linnéa merkt man als Fotograf direkt an, dass sie es gewohnt ist, vor der Kamera zu stehen. Auch wenn sie selbst bei der Vorstellungsrunde von einer längeren Pause berichtet hat, trumpft sie auf mit Routine.

Blue eyes.
Blue eyes.

Viele professionelle Models legen unmittelbar nach dem Schlag des Kameraspiegels eine neue Pose oder zumindest eine neue Mimik auf und versteifen sich dann wieder in der neuen Pose, bis der Fotograf das nächste Mal den Auslöser gedrückt hat. Mit diesen „unmenschlichen“ Stakkato-Bewegungen haben mich bereits einige Models an „Wir sind die Roboter….“ von der Düsseldorfer Band Kraftwerk erinnert.

Bei Linnéa läuft das Posen flüssiger. Sie bringt sich selbst mit ein, bewegt sich hier und da ganz langsam, um eine Pose auch in zwei Variationen abbilden zu können und nimmt Ideen der anwesenden Fotografen gerne mit auf, bringt aber auch eigene Ideen mit ein.

Light everywhere.
Light everywhere.

Ein Workshopteilnehmer berichtet mir bereits nach dem zweiten Shootingdurchlauf, dass auch ihm die Arbeit mit Linnéa positiv auffällt. Wenig später höre ich, wie er auf Sacha zugeht und den Dialog beendet mit „das war sicher nicht mein letztes Shooting mit Linnéa“. Ein schöneres Kompliment kann man einem Model doch eigentlich gar nicht machen – besonders dann nicht, wenn der Workshop nicht einmal beendet ist.

Tell me, how long do I need to wait?
Tell me, how long do I need to wait?

Sacha nimmt sich für die Besprechung der Fotos seiner Teilnehmer richtig Zeit. Er kritisiert nicht nur, sondern lobt, begründet, warum ihm bestimmte Bilder besonders gut gefallen und erklärt, warum und wie er andere Motive angegangen wäre. Sacha akzeptiert dabei die vom Fotografen selbständig gewählte Bildidee und versucht mit seiner Sichtweise, das Model in ein besseres Licht zu rücken, motiviert dazu, störende Accessoires aus dem Bild herauszunehmen, die eine oder andere Bildidee auch mal mutiger umzusetzen und mit den Perspektiven zu spielen.

That's boring. Can we move faster?
That’s boring. Can we move faster?

Interessant dabei: Auch jetzt zückt Sacha keinmal seine Kamera, um zu zeigen, wie man es besser macht. Er motiviert einfach die Teilnehmer – und ich glaube es ist nicht gelogen, wenn ich behaupte, dass Sacha während des Workshops kein einziges Mal selbst einen Auslöser betätigt hat.

Oh, doch. Ich muss mich korrigieren: Den Auslöser von seiner Handystoppuhr, den betätigt er regelmäßig… ;-)

Fotografieren nach Stoppuhr klingt erstmal nach einem engen Korsett, das kreativen Menschen, wie es Fotografen nun mal sind, eher hinderlich sein sollte. Doch nach zahlreichen Workshops kann ich die Stoppuhr nur jedem Workshopteilnehmer empfehlen. Ich habe bisher in jedem Workshop Teilnehmer erlebt, die sich immer wieder vordrängeln, mehr Shootingzeit für sich beanspruchen, als sie anderen Teilnehmern zugestehen. Mit dem für alle Teilnehmer hörbaren Klingeln der Stoppuhr wird dies effektiv unterbunden, sorgt für einen reibungslosen Ablauf und stellt zudem den Rahmen für die Besprechungen dar, die Sacha mit den Fotografen durchführt, während ein anderer ein neues Shooting realisiert.

How can I help?
How can I help?

Besonders hervorheben möchte ich hier noch mal Monika. Monika ist nicht nur für Hair & Makeup zuständig, sondern zugleich die „Workshopmutter“. Sie kümmert sich um das leibliche Wohl der Gäste, hat einen Mittagssnack vorbereitet und interagiert ebenfalls mit den Fotografen. Sie will ebenfalls Workshopergebnisse sehen und gibt –aus weiblicher Sicht- andere Hinweise als Sacha. Sie sind weniger technisch, dafür achtet Monika noch mehr auf Haltung und Details am Model, als Sacha das tut (und er ist da schon sehr kritisch unterwegs).

Monika ist für die Fotografen eine richtige Bereicherung. Wenn sie ein Bild bei einem Fotografen sieht, das ein anderer Fotograf in ähnlicher Pose besser umgesetzt hat, dann bittet sie den zweiten Fotografen dazu und sucht akribisch das Bild raus, dass sie noch im Kopf hat und stellt beide Kameras nebeneinander. Auch das ist Coaching und auch das hilft den Teilnehmern dabei, andere Sichtweisen zu entdecken und dabei für die Zukunft zu lernen.

Let's think about it.
Let’s think about it.

Nach der Mittagspause bietet Sacha zudem ein Portfolio Review an. Dabei dürfen die teilnehmenden Fotografen ihre eigenen Portfolios zeigen und Sacha geht auf die Bilder dort detailliert ein. So hat ein Fotograf eine Fotomappe mitgebracht und der Rest zeigt Bilder auf verschiedenen Webseiten und Foren. Hier nutzt Sacha erstmals sein eigenes Bilderrepertoire, um den Teilnehmern auch andere mögliche Posen zu zeigen.

Im Laufe des Workshops merkt man, wie die Fotografen immer kreativer werden. Während die Teilnehmer zu Beginn pro 10 min Slot eher ein Set mit möglichst vielen Fotos genutzt haben, lassen sich zum Ende des Workshops schon 4 Sets pro Slot entdecken. Das bereichert natürlich die Varianz der Ergebnisse und führt motiviert auch die anderen Teilnehmer, kreativer an die recht offene Aufgabenstellung heranzugehen.

Linnéa meistert das „Blitzlichtgewitter“ (es waren ja keine Blitze am Start, maximal wurde mit einem Reflektor gearbeitet) mit Bravour. Während (nicht nur) mir nach dem dritten Shooting-Slot das Deo versagt (ja, Fotografieren ist durchaus Arbeit und erfordert hier und da auch vom Fotografen eine gewisse Akrobatik), spult Linnéa routiniert, aber niemals gelangweilt ihre Posen ab und berücksichtigt dabei die Wunsche und Ideen der Fotografen. Hochmotiviert lässt sie sich von Monika umschminken und schlüpft in neue Kleider.

Reflection (with Sigma 35 mm 1.4 Art)
Reflection (with Sigma 35 mm 1.4 Art)

Am Ende stellt der Workshop eine wahrhaftige Bereicherung dar. Neben dem Kennenlernen eines tollen Models und zweier wirklich authentischer Workshopleiter (ja Monika, ich zähle dich hier wirklich mit dazu) gibt es genug Raum zum Austausch der Teilnehmer untereinander. Es wird gefachsimpelt, Objektive werden getauscht und selbst beim Shooting ist der eine oder andere Teilnehmer mehr als nur der „Träger des Reflektors“. Da werden auch untereinander Tipps gegeben, zusätzliche Perspektiven vorgeschlagen und selbständig störende Gegenstände aus dem Bild geräumt.

Mit Sacha’s Einladung in eine spezielle Facebook-Workshopgruppe, in der nur Teilnehmer seiner Workshops zugelassen sind und einer kleinen Verabschiedungsrunde endet ein spannender und lehrreicher Tag. Die umfangreichen Diskussionen über die Workshopergebnisse haben den Workshop gut eine halbe Stunde länger dauern lassen, als eigentlich geplant. Aber das stört wirklich keinen. Nur ein Teilnehmer muss irgendwann aufbrechen, weil sein Zug nach Amsterdam in Kürze geht. So war ich nicht der Einzige, der für einen Workshop mit Sacha eine weitere Reise auf sich genommen hat…

That smiling face.
That smiling face.

Mein Tipp: Jeder Fotograf, der sich für Beauty-Fotografie on location interessiert, sollte einmal einen Workshop bei Sacha besuchen. Ob dies dann ein Dessous-, Akt-, Sensual- oder Sonstwas-Workshop ist, ist meines Erachtens von untergeordneter Bedeutung. Der Umgang mit Licht, seine Kenntnisse aus der Fotoakademie Köln, seine praktischen Erfahrungen on location und seine Tipps im Umgang mit teurem Kameraequipment sind hilfreicher als der Kauf eines neuen Kamerabodys oder eines Objektivs. Und wie bereits berichtet: Zumeist sind die Teilnehmer ganz offen, auch mal Equipment zu tauschen. Das ist mehr Wert, als ein neues Objektiv beim Händler vor Ort draufschrauben zu können und dann Objektivregale zu fotografieren.

 

Bathroom favorite.
Bathroom favorite.

Danke Sacha für diesen tollen Workshop! Ich habe viel gelernt. Unter anderem auch, dass ich mein Kameradisplay heller stellen sollte… ;-)

2 Kommentare zu „Workshop mit Sacha Leyendecker“

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