Boris ist Peoplefotograf. Und ich muss zugeben, ich kenne ihn nicht. Ich habe noch nie von ihm gehört – und dennoch schreibe ich über ihn. Warum? Weil es ihm gelungen ist, mich zu faszinieren.
Klingt interessant? Ist es auch!
Fangen wir von vorne an. Ich sagte bereits, dass ich Boris noch nie getroffen habe. Warum, weiß ich nicht. Und warum er mir bisher nie als Fotograf aufgefallen ist, weiß ich ebenso wenig. Aber verwunderlich ist es schon: Seite Fotografien passen genau in mein Beuteschema. Reduziert, eine Kombination aus Fashion, Portrait, Lifestyle und eine kleine Prise Erotik. Nicht zu viel, aber stets mit ein wenig Haut. Und dann ist auch noch Vieles bei ihm schwarzweiß. Das gibt in meinem Betrachterauge eigentlich immer Zusatzpunkte. Besonders, wenn der Fotograf gekonnt mit Licht umgeht…
Doch lassen wir diese Warum-Frage.
Essentieller ist doch eigentlich, wie ich nun auf Boris aufmerksam wurde. Und das ist einfacher, als man denkt: Boris hat ein Foto auf Facebook in einer der zahlreichen Fotogruppen gepostet. Und zumindest in einer der vielen Fotogruppen sind Boris und ich beide drin. Und just als er es postete, war ich gerade zum Stöbern in dieser Gruppe unterwegs.
Sein Foto viel mir auf, da es professionell arrangiert war, es schwarzweiß war und das Model gut gewählt war, die Pose passte und so einfach ein sehr gutes Portrait darstellte. Nach etwas Betrachtungszeit wusste ich dann auch, was das Besondere an diesem Foto war: Das Model saß auf einem Stuhl (das ist noch nicht weiter ungewöhnlich) und blätterte in einem Magazin.
Das Magazin trug großformatig ein Portrait einer jungen Dame, war in schwarzweiß gehalten, trug aber keinen für mich auf Anhieb sichtbaren Magazin-Titel. Somit konnte es weder die Vogue sein, noch ein anderes Magazin, welches am Kiosk käuflich zu erwerben ist.
So war meine Neugierde geweckt und ich schrieb Boris einfach an und fragte ihn, was das denn für ein Magazin sei. – Und es dauerte nicht lange, da kam auch schon seine Antwort: „Das ist mein neues Fine-Art-Magazin“.
Noch ein Fotograf, der ein eigenes Fotomagazin herausgebracht hat? – Genau das! Da ich solche Projekte liebe, bestellte ich bereits wenige Minuten später das Magazin, ohne mich näher mit dem Inhalt zu beschäftigen. Denn die Bilder, die ich zuvor auf Boris Website sah (nachdem er mir geantwortet hatte), waren vielversprechend. Gutaussehende Menschen auf exzellent bearbeiteten Fotos, die sauber inszeniert sind. Genau mein Style! Das mag ich.
Also schrieb ich ihm schnell zurück „habe es gerade bestellt“ und bekam wenig später die Info, dass mein Päckchen am nächsten Werktag auf die Reise gehen würde. Und so war es auch.
Keine drei Tage nach dem oberflächlichen Erstkontakt via Facebook konnte ich „Boris Bethge 01“ in den Händen halten. Der Titel verrät es bereits: Das Heft soll offensichtlich kein Einzelheft bleiben… und das ist gut so.
Mit einem geprägten Cover und hochwertigem Papier und sauberen Druck liefert Boris erstklassige Materialqualität. Seine Fotos entsprechend in der Qualität absolut dem, was man kostenlos auf seiner Website anschauen kann.
Zu verschiedenen Models erzählt er eine kleine und kurze Geschichte und zeigt dann überwiegend Bilder. Das ist nicht belehrend und auch kein Technik-Heft, sondern einfach ein tolles Magazin, das man gerne durchblättert und in Gedanken abschweift.
Seine Fotografien in der Ausgabe 01 zeigen keine Supermodels, sondern Menschen, wie du und ich. Ok, ich gebe zu, sie sehen überdurchschnittlich gut aus, aber sind eben keine Megastars. Und auch das ist gut so. Denn Boris beweist mit seinem Magazin, dass sauber inszenierte Fotos, wenn sie technisch perfekt umgesetzt werden, auch dann Menschen fotogen erscheinen lassen, wenn diese sich selbst vielleicht für gar nicht fotogen halten (oder im echten Leben gar keine Models sind).
Mir gefällt besonders die Natürlichkeit der gezeigten Bilder und der geringe Textanteil. Schon mein Blogbeitrag hier umfasst wahrscheinlich mehr Zeichen, als Boris auf 66 Seiten untergebracht hat. Somit liegt der Fokus klar auf dem Bild. Und das macht Lust auf mehr. Auf die Ausgabe 02 und 03…
Da eine gute Kritik ja nicht nur aus Lob besteht, sondern auch aufzeigt, wo vielleicht noch Potential steckt oder was ich (klar, andere wissen immer alles besser) aus meinem Blickwinkel anders gemacht hätte, sind zwei Dinge. Doch das ist Kritik auf extrem hohem Niveau – und hat rein gar nichts mit der fotografischen Qualität der Fine-Art-Bilder zu tun:
- Es gibt Fotos, die sind flächig über zwei Seiten dargestellt. Das schafft ein riesiges Format und gibt den Fotos mehr Raum zum atmen. Das mag ich gerne. Aber ich mag es nicht, wenn ich ein Fine-Art-Magazin hart knicken muss, um das volle Bild zu entdecken, wenn der Hauptteil in der Falz zwischen den beiden Seiten steckt. – Just my 5 Cents.
- Boris mag offensichtlich einen Hauch Erotik in der Fotografie. Da ich dies selbst gerne mag, mag ich dies eigentlich auch nicht kritisieren. Doch Boris macht aus meiner Sicht einen Fehler, der ihm im Spannungsbogen des Magazins ein wenig die Story raubt: Er zeigt gleich auf der ersten Innenseite die unverhüllte Frauenbrust (und danach tendenziell eher weniger Erotik). Es ist natürlich nur mein Geschmack (und über diesen lässt sich trefflich streiten), aber wenn ich ein Fine-Art-Magazin herausgeben würde, würde ich mich (so gerne ich Regeln breche) an die klassischen Regeln für einen Brief, ein Buch oder eine Geschichte halten: Einleitung, Hauptteil, Schluß. Mit Spannungsbogen, der sich langsam aufbaut und dann vom Siedepunkt aus, sehr schnell entläd.
Was ich aber richtig edel finde, ist das Corporate Design des gesamten Heftes. Und die Prägung gibt dem Heft etwas ganz besonders Edles. Auch gefällt mir die Haptik sehr gut. Die Auswahl der Papierqualitäten ist optimal gewählt und die Druckqualität über jeden Zweifel erhaben.
Toll ist auch sein Dauerprojekt „unscharf“. Da freue ich mich schon jetzt auf Fotos zu diesem Projekt in den kommenden Ausgaben.
So hat „Boris Bethge 01“ das Potential zum Sammlerwert. Nicht heute, nicht morgen. Aber vielleicht schon in 10 Jahren. Denn die Auflage ist streng limitiert. Und auch das ist gut so – denn ein Fotograf, der ein solches Projekt wagt, geht ein nicht unerhebliches Risiko ein. Denn auch wenn er das Potential dazu besitzt (das zeigen seine Bilder schon auf der Website eindrucksvoll) ist Boris noch lange nicht so bekannt, wie Patrick (Paddy) Ludolph oder Andreas Jorns, die ebenfalls eigene Fotomagazine auf den Markt gebracht haben, aber nunmal aufgrund höherer Bekanntheitsgrade eine deutlich höhere Absatzwahrscheinlichkeit haben.
Daher wünsche ich dir, lieber Boris, unbekannterweise viel Erfolg mit deinem Magazin und freue mich schon jetzt auf die Ausgabe Nummer 02.
Mach weiter so!
P.S.: Leider ist meine Bekanntheit noch weniger gross, als die von Boris. Auch wenn es schön für Boris wäre, wird dieser Beitrag auf meiner kleinen Website wohl keine Hundertschaften an Lesern finden. Diejenigen aber, die über diesen Beitrag stolpern, dürfen ihn gerne teilen und verlinken. Vielleicht schaffen wir es gemeinsam, Boris durch einen schnellen Verkauf der Erstauflage dazu zu bewegen, mit Heft 02 nicht bis zum nächsten Jahr zu warten.
Hey Thomas, da sag ich ganz lieb DANKE, dass du hier so ausführlich über mein Projekt berichtest!! Ich weis diese Feedbacks unglaublich zu schätzen und nehme sie als Motivation zur nächsten Ausgabe.
Liebe Grüße, Boris