Es ist schon komisch. Als die Digitalfotografie Einzug in unser Leben nahm, haben wir uns darüber gefreut, nicht mehr tagelang auf die entwickelten Fotos warten zu müssen. Dann kamen die Smartphones und Tablets – und plötzlich konnte man herrlich durch die Fotogalerien „swipen“. Mit WhatsApp und den üblichen Social Media Kanälen sind Fotos nun bereits seit Jahren omnipräsent.
Doch: Die Wahrnehmung wird immer flüchtiger! Wir betrachten Bilder nicht mehr aufmerksam, sondern wischen eins nach dem anderen WEG.
Für ein zwischendurch mit dem Smartphone gemachtes Foto mag das ausreichend sein. Für eine aufwändige Bildkomposition ist dies ein Graus. Wenn sich Fotograf und Model Mühe gemacht haben, möglicherweise noch eine Visagistin mit eingebunden war, der Friseur extra die Haare gemacht hat und sowohl Hintergrund als auch Beleuchtung ausführlich ausgewählt wurden, dann wird ein kurzer Wisch einfach nicht dem gerecht, was die Kreativen mit dem Foto erreichen wollten.
Denn was bleibt nach dem „Durchwischen“ in unserem Kopf? Mit viel Glück das Gesicht des Models oder der Name des Fotografen. Aber kein einziges Bild bleibt so richtig in Erinnerung. Es sei denn, wir drucken es aus.
Ein Bild an der Wand zum Beispiel wird viel intensiver wahrgenommen, als hunderte Fotos auf einer Festplatte. Also besser 100 Fotos von der Festplatte löschen und dafür 10 ausdrucken?
Da Speicherplatz eigentlich nichts mehr kostet (Ausnahme: Beim Kauf eines neuen Handy’s greifen die Hersteller nach wie vor unverhältnismäßig zu, wenn man die Version mit dem größeren Speicher kaufen will), sollte man nichts mehr löschen, was nicht eh Schrott ist.
Aber wichtige und gute Bilder auszudrucken, das gewinnt wieder an Bedeutung.
Das merkt man an der wieder steigenden Anzahl an Fotografen, die die analoge Fotografie für sich (wieder-)entdecken und auch an den verschiedensten Fotodruckern, die in unterschiedlichsten Formaten versuchen, die Käufergunst zu treffen.
Doch leider (!) ist auch ein einziges Bild nur dann nicht flüchtig, wenn man es an die Wand hängt.
Verschwindet es in einer Schublade, so liegt schnell etwas anderes darüber. Nicht nur, dass das Bild Schaden nimmt. Nein. Es gerät auch in Vergessenheit.
Ein guter Fotograf und Freund von mir hat einmal gesagt, dass er alle Romane aus dem Wohnzimmer verbannt hat und dafür nun dort wo vorher hunderte Romane standen, nur noch einzelne und ausgewählte Fotobücher ausstellt. So gelänge es ihm, seine Gäste dazu zu motivieren, sich eins der Fotobücher zu nehmen und diese mit Ruhe und Muße zu betrachten. – Und das sei ein großer Unterschied. Denn nur in ganz ganz seltenen Fällen hätte jemals zuvor ein Gast einen Roman aus dem Regal genommen, um darin zu schmökern.
Fotobücher sind da einladender. Besonders wenn sie schön beleuchtet im Regal stehen oder sogar aufgestellt auf einem speziellen Ständer in der Vitrine beheimatet sind.
Das erklärt auch, warum Fotobücher teurer sein dürfen. Sie werden nämlich nicht nur aufwändiger (und in der Regel auch großformatiger) produziert, sondern sie werden einfach häufiger gelesen. Sie wandern durch mehr Hände. So wie die Bravo in der frühen Jugend… sie hatte immer mehrere Leser…!