Zugegeben: Nach mehr als 20 Jahren Büroarbeit mit einem PC, einem Bildschirm, einer Tastatur und einer Maus ist ein Stifttablet etwas Komisches auf dem Schreibtisch. Doch fangen wir von vorne an.
2004 saß ich das erste Mal mit einem Designer zusammen am Mac. Schon allein der Rechner war -insbesondere zu der Zeit- etwas Besonderes. Die Arbeit mit QuarkXPress umso mehr. Denn bis dato war ich gerade einmal stolzer Besitzer einer digitalen Spiegelreflexkamera. Ich beherrschte vielleicht 50% der Funktionen und arbeitete ausschließlich im JPG-Format. Bei diesem Designer haben wir gemeinsam eine Hochzeitskarte gestaltet. Und er machte dies ganz schnell mit einem Werkzeug, das ich bis dato nicht einmal gesehen hatte: Einem Stifttablet.
In der Zwischenzeit habe ich viele Fotoworkshops besucht und bin dabei immer wieder auf Macs und Stifttablets von Wacom gestoßen; einer Marke, die ich aus der PC-Welt irgendwie gar nicht kannte. 2007 wechselte ich dann selbst zum Mac, da ich mehr mit Fotos machen wollte und bereits seit 2005 mit DXO Optics Pro als RAW-Konverter arbeitete. Plötzlich lief alles viel runder und schneller. Eine Entscheidung, die ich bis heute nicht bereut habe.
2012 besuchte ich dann mal wieder einen Fotoworkshop. Das Thema war die Studiofotografie. In einer kleinen Gruppe haben wir gemeinsam 3-4 Sets erarbeitet um dann zum eigentlichen Workshopteil zu kommen: Jeder Seminarteilnehmer bekam ein Foto aus der Kollektion des Dozenten gezeigt und sollte dies selbständig mit dem vorhandenen Studioequipment nachbauen.
Die Aufgabenstellung war klar und bereitete viel Freude – auch wenn es manches mal nur mit Hilfe der anderen Workshopteilnehmer gelang, den exakt gleichen Bildlook zu reproduzieren.
Was mich damals nachhaltig beeindruckte, war der Bildschirm des Fotografen: Ein Wacom Cintiq. Wie geil (sorry für die Ausdrucksweise) war das denn? Ein berührungsempfindlicher Bildschirm, mit dem man direkt auf dem Display Bilder bearbeiten kann. Das interessierte mich brennend. Also wartete ich das Workshopende ab und fragte den Dozenten dann, ob er mir nicht einmal kurz den magischen Bildschirm live vorführen könne. Gesagt getan, konnte ich zusehen, wie ein perfektes Studiofoto von einer Dame, die unter starker Akne leidet, in kurzer Zeit in ein Beautyfoto umgewandelt wurde. Photoshop als Software und der magische Stift als Eingabegerät war alles. Es kamen keine aufwändigen Photoshop-Techniken zum Einsatz, sondern vieles wurde mit dem Reparaturpinsel und dem Kopierstempel erledigt. Unzählige kleine Pickel waren in Sekundenschnelle -und ziemlich treffsicher- bearbeitet bzw. wegretouchiert. Anschließend noch ein wenig Dodge and Burn und schon war aus einem Rohdiamant ein professionelles Studiobild mit Ausstellungsqualität entstanden.
Natürlich frage ich den Dozenten, was so ein Teil kostet – und zugleich sank meine Euphorie akut. Damit hatte er wohl gerechnet und schob gleich hinterher: „Ich habe auch erst mit einem normalen Stifttablet angefangen. Wenn du meinen Rat wissen willst, dann kaufe dir einfach das Wacom Intuos Pro in der M-Größe und probiere es in Ruhe aus.“ Das habe ich kurz darauf gemacht und mich wenige Tage später gefragt, warum ich so viel Geld für ein Spielzeug ausgegeben hatte, mit dem ich mich nicht so recht anfreunden konnte. Hätte ich doch besser gleich den Bildschirm gekauft?
Es vergingen einige Wochen und das Tabet war längst abgebaut und lag auf dem Regal. So cool es doch aussah und so einleuchtend die Vorteile in der Theorie auch sind: In der Praxis hatte das gute Stück die Maus zum Feind, die ich seit fast 25 Jahren täglich benutzte. Und immer wieder griff ich nach der Maus.
Das Liegen auf dem Regal machte die Sache nicht besser. Auch wenn ich ab und an mit meinem Intuos in Kontakt kam, so nutzte ich es nicht. Doch eines abends musste ich lachen. Ich war über ein nicht ganz ernst gemeintes Video von Calvin Hollywood gestolpert, dass mir mein Tablet in Erinnerung rief.
Es kam wie es kommen musste: Ich probierte es nochmal, aber kam wieder auf das Regal…
Doch dann passierte etwas Unvorhergesehenes: Eine plötzlich aufgetretene Sehnenscheidenentzündung an der rechten Hand zwang mich von heute auf morgen für rund acht Wochen eine Schiene an meiner „Maus-Hand“ zu tragen. Die Schiene ging bis zu den Fingerspitzen und das Bedienen einer Maus war schier unmöglich. Zumindest nicht mit der rechten Hand. So versuchte ich, die Maus mit der linken Hand zu bedienen (was übrigens mit der Zeit besser klappte, als ich erwartet hatte). Doch sobald es über Business Anwendungen hinaus ging, scheiterte ich mit links. Nicht nur, dass ich mit der Schiene nicht fotografieren konnte, nein, ich konnte nicht einmal Bilder bearbeiten. Ein Graus!
Da fiel mir wieder mein Wacom Intuos Pro M ein und ich schnallte es wieder an meinen iMac. Mit links war ich nun etwas trainiert, eine Maus zu bedienen. Umso leichter fiel es auf einmal, mit dieser Hand einen Stift zu bedienen! Schnell merkte ich, dass ich mit dem Stifttablet wieder Freude an der Bildbearbeitung hatte und nutzte so die Zeit der Handschiene für die Bearbeitung „mit links“, also genauer gesagt mit meinem Tablet.
Seitdem nutze ich mein Wacom Intuos Pro M nahezu täglich. Es liegt dauerhaft auf meinem Schreibtisch und die Maus führt seitdem ein Schattendasein.
Zum Kauf eines Wacom Cintiq Displays konnte ich mich noch nicht durchringen. Aber vielleicht ist -für einen mobilen Menschen wie mich- die Zeit auch mehr reif für etwas ganz anderes… ein Wacom Cintiq Companion 2… „Schau’mer mal“, oder wie sagt man in Bayern? Das Jahr ist ja noch jung und mein iPad 2 kommt mittlerweile in die Jahre. Wäre doch eine Lösung für Bildbearbeitung auf Zugfahrten, oder?